Text und Hörspiel von Kathrin Röggla & Leopold von Verschuer.
Erstpräsentation in Berlin am 14. April um 20.00 Uhr im Roten Salon der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz sowie auf den Autorentheatertagen am 22. Juni 2011 im Deutschen Theater.
Die PUBLIKUMSBERATUNG am 10. November im ZKM Karlsruhe bei den ARD Hörspieltagen (Pdf). Stimmen Sie bis zum 12.11. 11. online über den Publikumspreis ab!
CD als Hörspiel mit Leopold von Verschuer, Franz Tröger; Hanns Zischler, Jean Szymczak, Redaktion: Katarina Agathos, Illustration Oliver Grajewski, Produktion Bayerischer Rundfunk und Edition Sutstein 2011, Abbildung, Preis ohne Versand 27, 00; mit Versand innerhalb Deutschlands 28,00 Euro, ISBN 978-3-932731-16-7 , Titel bestellen / Mehr Information zum Hörbuch:
Publikumsberatung. Hörbuch von Kathrin Röggla und Leopold von Verschuer in einer exklusiven Auflage bei Edition Sutstein erschienen. Gekürt zum Hörspiel des Monats!
Kathrin Röggla & Leopold von Verschuer
Es beginnt wie ein normaler Vortrag. Ein Mann aus der vordersten Zuschauerreihe steht auf und postiert sich hinter einem Pult. Der eigentliche Redner des Abends sei leider ausgefallen, heißt es. Leopold von Verschuer übernimmt als Ersatzreferent die Aufgabe, über all das zu informieren, worauf das Publikum wartet. Mancherlei Zwischenfall hindert ihn nicht daran, mitreißend vorzutragen, was jede Hörerschaft bewegt. Der Sprecher verführt in die absurden Untiefen der Rhetorik. Er destilliert und hebt den Bodensatz einer Sprachflüssigkeit, die sich aus ihren Hülsen hinaus zu bewegen sucht.
Der Text basiert auf Vorlesungen, Vorträgen, sowie Radio- und Zeitungsbeiträgen von Kathrin Röggla. Leopold von Verschuer wählte sie gemeinsam mit der Autorin aus, sie wurden überarbeitet und teilweise um- und neu geschrieben Die Aufnahmen fanden im Juli 2010 im Funkhaus Berlin Treptow-Köpenick statt. Die Musik wurde von Franz Tröger komponiert und arrangiert, auf Lochkarten gestanzt, sowie an der Miniaturdrehorgel interpretiert.
Hörbuch in 12 Kapiteln, Gesamtdauer 56:46 Minuten
- Geschichte (4:17)
- Plot | Intellektuelle (6:04)
- Ängste (4:46)
- Einleitung (1:36)
- Kapitalismus | Erfolg | Authentizität (10:20)
- Reagieren (4:17)
- Einleitung (0:58)
- Barock (6:07)
- Humor (5:54)
- Fehlerbereitschaft (3:29)
- Mitarbeiten | Neobiedermeier (5:48)
- Akkumulation | Finale (3:11)
Edition Sutstein, Berlin 2011 Produktion des Bayerischen Rundfunks in Lizenz der BRmedia Service GmbH. Im Verlag Matthes & Seitz erscheint außerdem eine komplette Textausgabe mit Noten.
Texte Begleitheft: Claudio Steiger, Marie Haff
Illustration: Oliver Grajewski; Gestaltung: Esra Rotthoff; Siebdruck: Steffen Trodler; Auflage: 150 Exemplare
ISBN 978-3-932731-16-7
Kathrin Röggla, geb. 1971 in Salzburg, Autorin. BR-Hörspiele u.a. really ground zero (2002, RIAS Hörfunkpreis 2003), junk space (2006), der tsunami-empfänger (2010).
Leopold von Verschuer, geb. 1961 in Brüssel, Schauspieler, Übersetzer, Regisseur. Regie für BR-Hörspiele: Kathrin Röggla recherchegespenst (2008), Kathrin Röggla die alarmbereiten (2009), Kathrin Röggla der tsunami-emfpänger (2010), Rainald Goetz loslabern (2010).
Der Referent der live im Radio übertragenen Hauptstadtkulturgespräche ist ab-, ein Ersatzreferent kurzfristig eingesprungen. Dieser nutzt seine Chance zu einem unaufhaltsam scheiternden Vortrag und verliert sofort den Faden. Seine Reflexionen mäandern von einem „auf den Hund gekommenen Katastrophenfilmgenre“ über „Angstschulden“, zur „Lust am Richten“, streifen das bislang viel zu wenig beachtete Thema „Stottern im Barock“ und gelangen schließlich zur Frage: Was ist eigentlich ein erfolgreicher Hörer? Der Redakteur des Abends bemüht sich in der Regie vergeblich um Steuerung, doch der Ersatzreferent lässt sich durch nichts abbringen. Auch nicht dadurch, dass sein Mikrofon irgendwann selbst zu sprechen beginnt und das Publikum im Sendesaal Einwände erhebt oder sogar den Saal verlässt.
Das Reale bricht ein in die Fiktion und lässt Ebenen und Sinnzusammenhänge verschwimmen. Der Hörer wird von Anfang an in Orientierungsnot gebracht. Was soll er halten von diesem von einer Agentur vermittelten modernen Allrounder, der plötzlich die Intellektuellenfeindlichkeit anprangert. Die publikumsberatung bedient sich aller Tricks des Fingierten, des Spiels im Spiel, und stellt nicht nur die Frage nach den Grenzen des Fiktiven, sondern mit ihrem Geflecht von Diskursschnipseln auch das Verhältnis von Sprache und dem, was sie bezeichnet, auf den Kopf.
Deutlich nimmt der Text Bezug auf Peter Handkes berühmt gewordenes Stück Publikumsbeschimpfung, das 1966 mit den Theaterkonventionen abrechnete, in dem es seine eigene Inszenierung zum Gegenstand macht und sich vom ersten bis zum letzten Wort an das Publikum im Saal richtet. Dessen Unbeweglichkeit in den Klappsesseln wird bei Handke ebenso thematisiert wie die Zeitspanne, die die Aufführung dauert. Unserer Dienstleistungsgesellschaft entsprechend, deren Handlungsmaxime „Leistung muss sich wieder lohnen“ lautet, wird das Publikum nicht mehr beschimpft. Es wird beraten.
Kommentare:
Süddeutsche Zeitung, S.Fischer: Reden ist Gold, 15.1.11
Die Quintessenz aller rednerischen Notlösungen – so unnachahmlich zerstreut, so zerknittert, so zerzaust, so rhetorisch hochfahrend und dann wieder unsicher in sich zusammenfallend! (…) Er schweift aus, er verpasst sich als Redner unentwegt, und trifft doch ins Schwarze.“ (NACHTKRITIK)
„Heutzutage wird beraten statt beschimpft. (…) Die Mutation vom Schimpf der 1960er Jahre zum Rat der heutigen Consulting-Zeit lanciert auf raffinierte Weise eine zutreffende Entwicklungsdiagnose.“ (NZZ)
Am 16. Januar 2011 um 15.00 Uhr im Hörfunk des Bayerischen Rundfunks BR II die „Publikumsberatung“.
IM Frühjahr 2012 wurden 16 neue Mitglieder in die Akademie der Künste gewählt. In die Sektion Literatur sind es u.a. Monika Rinck und Kathrin Röggla. Bei Edition Sutstein erschienen zwischen 2001 und 2011 von Monika Rinck „Das Begriffsstudio 1996-2001″ , “ Paß auf Pony“ und “ Elf Kleine Dressuren“ ( mit Max Marek) sowie von Kathrin Röggla “ Publikumsberatung“ als Höredition (mit Leopold von Verschuer und Franz Tröger).
Weitere Information über die Akademie der Künste